Eigentlich mag Tanja Weihnachten. Wenn nicht der ganze Aufwand und all die kleinen Ärgernisse rund ums Fest wären. Mit dem selbstgebastelten Adventskalender für ihr Kind fing es schon an: 24 Geschenkideen saugt man sich nicht eben aus den Fingern. Selbst wenn man die Zehen hinzunimmt, fehlen immer noch 4 Geschenke. Dann die ganzen Weihnachtsgeschenke für die Verwandtschaft. Tanja fühlt sich ausgesaugt wie eine leere Capri-Sonne.

Müde schlängelt sie sich durch den übervollen Supermarkt, um die Zutaten für das Weihnachtsessen mit den Schwiegereltern zu finden. Es fühlt sich an, als wollten tausend Jägerinnen und Jäger demselben Mammut auflauern. Der Blick in den Einkaufswagen gibt ihr zu denken: «Und wer bereitet das auch noch zu? Das bin wohl ich.» An Heiligabend steht Tanja drei Stunden in der Küche. Salsa vorbereiten, Zwiebeln anschwitzen und ja – es nicht auszuschliessen, dass sie auch selber ein paar Tropfen in den Quinoa schwitzt.

Es folgt ein schöner Abend. Die Eltern von Tanjas Frau Ursina sind nett, tendieren aber zu seltsamen Weihnachtsgeschenken. Tanja erhält einen Fleischwolf. Als Vegetarierin.

Am nächsten Tag reisen Tanja und Ursina durch die halbe Schweiz. Es geht zum grossen Familienfest tanjalicherseits. Die Autofahrt ist langweilig, das Kind quengelt so monoton, dass Tanja zuerst einen Keilriemendefekt vermutet. Ein passiv-aggressiver Streit über die Wahl des richtigen Radiosenders vermag die Stimmung nicht wesentlich zu heben.

Das Gästezimmer von Tante Klara und Onkel Walter riecht muffig. Immerhin werden die durchgelegenen Matratzen später vom Geruch ablenken. Das grosse Fest verläuft gut. Bis die politischen Diskussionen wieder einmal ausarten und Tanja sich mit ihrem Stiefonkel Fritz über die Finanzierung der AHV in die Haare kriegt. Cousine Chloé wiederum scheint sich nur mässig über das neue Buch von Sibylle Berg zu freuen, das Tanja und Ursina ihr geschenkt haben. Eh, Chloé, dieses gute Werk hat zufällig den Schweizer Buchpreis gewonnen.

Onkel Walter hat die Weihnachtsgans zu lange geschmort und sie damit quasi ein zweites Mal getötet. Er schaffte es auch, die Tofu-Gans für Tanja zu versalzen. Einmal mehr. Traditionen sind ja so wichtig. Tanja weicht aufs Dessert aus. Als hätte sie in der Weihnachtszeit nicht schon genug Süsses gegessen. Sie wird von ihrer ungesunden Ernährung immer müder. Eine glückliche Fügung: Denn nur wenige Minuten, nachdem sie eingeschlafen ist, setzt Onkel Walter zu seinem Schlussplädoyer an.

Wie machen wir Weihnachten schön gemütlich?

Stellen Sie sich vor, Sie wären Tanja. Was würden Sie anders machen? Mit etwas Kreativität, Planung und geschickten Absprachen wird Weihnachten etwa 30% festlicher und 50% weniger stressig. Die Zahlen sind frei erfunden, aber Sie verstehen die Idee dahinter. Hier sind unsere 10 Tipps.

  1. Antizyklisches Sammeln

    Ende November ist zu spät, um einen gebastelten Adventskalender zu befüllen. Beginnen Sie spätestens im Januar mit dem Sammeln kleiner Geschenke. Dann sind die Kleine-Geschenke-Läden auch nicht so voll.

  2. Nichtschenkungspakt

    Gute Geschenke für Erwachsene zu finden ist anstrengend. Verhandeln Sie mit Ihrer Verwandt- und Bekanntschaft möglichst umfangreiche «Wir schenken uns nichts»-Abkommen. Und tappen Sie nicht in die beliebte «Nur etwas Kleines»-Falle.

  3. Klare Ansagen

    Sie möchten nicht auf Weihnachtsgeschenke verzichten? Dann üben sie entweder, glaubhaft Freude zu heucheln oder kommunizieren Sie Ihre Wünsche unmissverständlich: «Schwiegervati, so eine schöne Fritteuse wie ihr sie habt, hätte ich auch gerne.»

  4. Aufgabenteilung

    Teilen Sie die Last des Weihnachtsessens mit den Gästen. Eine Partei organisiert die Zutaten, die andere kocht. Das ist für Kontrollfreaks gleich eine gute Übung im Loslassen. Oder sie machen einfach Raclette.

  5. Koch-Challenge

    Das Weihnachtsmenü eines Familienmitglieds missrät jedes Jahr? Greifen Sie zum Komplimente-Trick: «Mhhhh Walter, du bist so ein guter Koch. Aber ich wette, du schaffst es nicht, nächstes Jahr Röstkartoffeln mit confiertem Knoblauch nach diesem ausgedruckten Rezept hier zu backen.»

  6. Reisespass

    Betrachten Sie längere Fahrten zu Verwandten nicht als notwendiges Übel, sondern als das eigentliche Fest. Bereiten Sie Spiele für die Zeit im Zug vor oder erstellen Sie fürs Auto eine Playlist mit den besten bis hin zu den peinlichsten Weihnachtsliedern. Natürlich herrscht Singpflicht.

  7. Vorteil Hotellerie

    Sich mit Verwandten das Bad teilen oder auf dem Sofa übernachten? Das kann funktionieren. Im Zweifel investieren Sie das gesparte Geld aus dem Nichtschenkungspakt in ein Hotelzimmer oder ein Appartement. Dann können Sie auch gehen, wenn sich Onkel Walter den zwölften Glühwein einschenkt.

  8. Die Diskussionslinie

    Diskussionen müssen manchmal sein. Aber stecken Sie im Voraus ab, wo Ihre Grenzen liegen. Bis wo können Sie sachlich argumentieren, ohne sich zu ärgern? Wenn Onkel Walter diese Grenze überschreitet, bleiben Sie diplomatisch und quittieren jede krude Aussage einfach nur noch mit «mhm jaja».

  9. Selleriestangen

    Überall liegt im Dezember Süsses herum, doch ungesunde Ernährung hebt die Laune nur kurz. Greifen Sie beherzt zu, aber führen Sie für die Vitaminversorgung immer ein paar gesunde Snacks mit. Notfalls einen Flachmann mit einem Gemüse-Smoothie.

  10. Heute Ruhetag

    Schnell überlädt man sich die Feiertage mit Aktivitäten. Reservieren Sie frühzeitig zwei Ruhetage ohne Verpflichtungen – einen vor und einen nach Weihnachten. Die beiden Tage verbringen Sie mit gesundem Essen, Ihrem Lieblingssport, mit Sibylle Berg oder einfach mit der Katze auf dem Sofa.