Was sind adaptogene Heilpflanzen?

Ob Ashwagandha, Maca oder Ginseng: Manche Heilpflanzen gedeihen unter extremen Klimabedingungen an widrigsten Standorten wie den peruanischen Anden oder in Ostsibirien. Diese Kräuter, Wurzeln und Pilze überleben dank spezieller Substanzen, die sie resistenter und anpassungsfähiger machen. Daher der Name: «Adaptogen» kommt vom lateinischen «adaptare» und bedeutet anpassen.

«Es gibt etwa 50 000 Heilpflanzen, aber nur 25 Adaptogene», sagt Drogistin Andrea Nyfeler. «Sie bergen natürliche, biologisch aktive Pflanzenwirkstoffe, die den Körper widerstandsfähiger machen.»

Von Ayurveda über TCM bis zur Gegenwart

Schon vor Jahrtausenden nutzten indigene Völker besondere Pflanzen, um für lange Wanderungen und gegen widriges Wetter gewappnet zu sein. Im indischen Ayurveda und der Traditionellen Chinesischen Medizin werden Adaptogene auch heute angewendet. Und auch die Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA bestätigt Adaptogenen eine präventive, unspezifische Wirkung auf unsere Gesundheit, indem sie unsere durch die täglichen Belastungen aus dem Lot geratenen Körperfunktionen regulieren.

Gegen Stress und für eine hohe Resilienz

Bei Stress schüttet der Körper Cortisol aus, das direkt die Abwehr des Immunsystems herabsetzt. Chronischer Stress sorgt unter anderem für Bluthochdruck, einen erhöhten Blutzuckerspiegel und ein langfristig geschwächtes Immunsystem. Wie können hier adaptogene Heilpflanzen helfen? Die Drogistin erklärt: «Sie hemmen die Cortisolausschüttung und regulieren so das hormonelle Gleichgewicht. Adaptogene können Beschwerden wie Schlafstörungen, Müdigkeit oder verminderter Leistungsfähigkeit entgegenwirken.»

«Adaptogene können Beschwerden wie Schlafstörungen, Müdigkeit oder verminderter Leistungsfähigkeit entgegenwirken.»

Ein starkes Immunsystem durch Ashwagandha, Ginseng oder Maca

Einige Adaptogene beeinflussen unser Immunsystem direkt: zum Beispiel die Schlafbeere Ashwagandha oder verschiedene Arten von Ginseng. Sie sollen die Bildung bestimmter Immunzellen anregen und dem Organismus helfen, sich gegen Krankheitskeime, Entzündungen oder Infekte zu wehren. Mehrere Studien belegen die positive Wirkung des asiatischen Panax Ginseng auf das Immunsystem.

«Adaptogene sind intelligente Superfoods», sagt Andrea Nyfeler. «Sie steigern unsere Leistungsfähigkeit, verleihen Energie und bringen gleichzeitig unseren Körper wieder ins Gleichgewicht.»

Wie lange kann man Adaptogene einnehmen?

«Grundsätzlich kann man Adaptogene täglich bedenkenlos etwa drei Monate lang einnehmen», so Andrea Nyfeler. Danach empfiehlt sie eine mindestens gleich lange Pause. Danach könne je nach Bedarf die Einnahme wiederholt, das Präparat gewechselt oder mit einem anderen Adaptogen kombiniert werden. «Am besten lässt man sich ganz individuell von einer Fachperson für Phytotherapie beraten.»

«Am besten lässt man sich ganz individuell von einer Fachperson für Phytotherapie beraten.»

Auf der Website der Schweizerischen Medizinischen Gesellschaft für Phytotherapie finden Interessierte eine Liste aller Phyto-Referenz-Apotheken, die mit dem gleichnamigen Label ausgezeichnet sind.

Wo bekommt man Adaptogene?

Die Mono- und Kombipräparate sind als pflanzliche Nahrungsergänzungsmittel in Apotheken, Reformhäusern und Drogerien erhältlich. Andrea Nyfelers Kauftipps? «Unbedingt auf hohe Qualität achten. Eine gute Orientierung geben die Herstellerbezeichnungen, beispielsweise KSM-66 für Ashwagandha, die garantieren, dass das patentierte Extrakt verwendet wurde. Oder auf das geschützte Bio-Label achten.»

Sind diese Heilpflanzen unbedenklich?

Adaptogene gelten als unbedenklich. Trotzdem sind einige wenige Wechselwirkungen mit verschreibungspflichtigen Medikamenten bekannt.

Vorsicht geboten ist zum Beispiel bei der gleichzeitigen Einnahme von blutverdünnenden und blutzuckersenkenden Arzneimitteln. Hier sollte vor der Anwendung eine Ärztin oder ein Arzt konsultiert werden.
Andrea Nyfeler
Die Drogistin arbeitet in der Saner Apotheke Basel und bietet Sprechstunden in der Vitalstofftherapie an. Sie ist ausgebildete Berufsbildnerin und Erwachsenenbildnerin und als Referentin für verschiedene Institutionen tätig.

Die Top 5 Adaptogene fürs Immunsystem – und ein Bonus-Tipp

Andrea Nyfeler hat die fünf besten Adaptogene für eine starke Immunabwehr ausgewählt.

  1. Ashwagandha – die Schlafbeere

    Endlich wieder gut schlafen. Auch als Winterkirsche oder indischer Ginseng bekannt, unterstützt Ashwagandha die nächtliche Regeneration und fördert eine gute Schlafqualität. Sie beruhigt und entspannt in anstrengenden Zeiten und sollte vor dem Schlafengehen eingenommen werden.

  2. Maca – die Energiequelle

    Die Inka sollen die Maca-Pflanze oder den Peru-Ginseng bereits vor über 3000 Jahren angebaut haben. Das Knollenpulver wirkt ausgleichend auf das Hormonsystem. Es gilt als natürliches Aphrodisiakum – oder wirkt zumindest bei flattrigen Nerven und als Energiespender im morgendlichen Müesli. Besonders empfehlenswert in Verbindung mit Ashwagandha.

  3. Panax Ginseng – die Kraftwurzel

    Als Wurzel für Vitalität und ein starkes Immunsystem unterstützt der rote Echte Ginseng die Genesungsphase nach längeren Krankheiten. Er stärkt Milz und Lunge, beides wichtige Organe für die Immunabwehr. «Panax» bedeutet «allheilend» in seiner ursprünglichen Heimat Asien. Heute wird er weltweit kultiviert.

  4. Borstige Taigawurzel – das Lebenselixier

    Der Sibirische Ginseng ist als wilde Variante weniger bekannt, aber ausgesprochen wirksam: Er tonisiert und stimuliert das Immunsystem, wirkt antiviral und antioxidativ. Eine kombinierte Einnahme mit dem Panax Ginseng hat sich in Studien als besonders effektiv erwiesen.

  5. Rosenwurz – gegen Stress

    Die «Goldene Wurzel» wirkt ausgleichend und stabilisierend bei anhaltender Erschöpfung, Konzentrationsstörungen und chronischem Stress. Sie ist im Baltikum, in Skandinavien und Russland ein traditionelles Heilmittel, dessen positive Wirkung in Studien nachgewiesen wurde.

  6. Bonus: Königsbasilikum als Tee

    Eine Thermoskanne mit Tulsi-Tee als Gefährtin durch den Tag wirkt Wunder und spendet Wärme, Klarheit und Ruhe in den Wintermonaten. Das Heilige Basilikum ist antibakteriell, entzündungshemmend und kann andere Adaptogene gut ergänzen.

  7. Kein Ersatz für gesunde Ernährung und Bewegung

    Wer Adaptogene einnimmt, sollte trotzdem einen gesunden Lebenswandel pflegen. Dazu gehören eine ausgewogene, abwechslungsreiche Ernährung, stressausgleichende Betätigungen wie Yoga, Meditation, Techniken zur Entspannung und Achtsamkeit, moderater Ausdauersport, genügend Schlaf und eine gute Work-Life-Balance.

Winter-Serie zum Immunsystem

Dies ist Teil 3 unserer Serie zum Immunsystem.

Im Teil 1 «Wie die Stimmung das Immunsystem stärken kann», erklärt Psychoneuroimmunologie Dr. Samuel Gehrke, wie Psyche und Abwehrkräfte zusammenhängen.
Lesen Sie in Teil 2 «Mit Wintersport zu einem starken Immunsystem», wie gut Bewegung dem Immunsystem tut: Darin geben Ex-Skiprofi Didier Plaschy sowie Fitnessexperte und Ernährungsberater Savo Hertig praktische Tipps für sportliche Winteraktivitäten mit Spass. Auch für Neulinge und für kleines Budget.

Präventivmediziner und Ernährungswissenschaftler Dr. David Fäh geht in Teil 4 «Fasten: Allheilmittel oder Stress für den Körper?» der Frage nach, wie Fasten das Immunsystem beeinflusst. Und Savo Hertig erklärt, wie sich Fasten und Sport vertragen.