In der Natur spriessen Heilkräuter, die unsere Immunabwehr stärken, die Stimmung heben oder verschiedene Beschwerden lindern. Die Lehre der Pflanzenwirkstoffe nennt sich Phytotherapie. Wir haben mit der Drogistin Muriel Wyss über die Welt der Pflanzenheilmittel gesprochen.

«Die Phytotherapie ist eine sanfte Heilkunde»

Muriel Wyss ist Drogistin bei der auf Pflanzenheilkunde spezialisierten Apotheke Dr. Noyer in Bern. 

Wie funktioniert Phytotherapie?

Muriel Wyss: Bei der Phytotherapie behandelt man Beschwerden mit Pflanzenwirkstoffen statt mit chemischen Präparaten. Es ist eine bewusst mildere, sanfte Heilkunde.

Wirkt die Phytotherapie denn auch?

Muriel Wyss: Ja, Phytotherapie ist keine «Glaubenssache» und nicht mit der Homöopathie zu verwechseln. Sie ist fundiert und wissenschaftlich anerkannt: Die Heilwirkung von Pflanzen wurde in unzähligen Studien erforscht und nachgewiesen.

Die Phytotherapie ist nicht «Glaubenssache» und auch nicht mit der Homöopathie zu verwechseln. Sie ist fundiert und wissenschaftlich anerkannt.

Welche Pflanzenwirkstoffe bieten Apotheken an?

Muriel Wyss: Wir führen bei uns rund 250 verschiedene Teedrogen. Das ist die Fachbezeichnung für getrocknete Pflanzen. Damit können wir unseren Kundinnen und Kunden eine Vielfalt von Teemischungen anbieten.

Kann ich Heilpflanzen und Wildkräuter selbst sammeln?

Muriel Wyss: Natürlich. Wer Pflanzen suchen, ernten und zubereiten will, muss allerdings Zeit mitbringen und sich mit dem Thema beschäftigen. Sie sollten wissen, was Sie tun.

Wie erkenne ich Baldrian, Engelwurz und Co?

Muriel Wyss: Mit einem Bestimmungsbuch oder einer entsprechenden App. Am einfachsten beginnen Sie mit dem Sammeln im eigenen Garten oder in dem von Freunden. Da lässt sich schon einiges entdecken wie Pfefferminze, Melisse oder Kapuzinerkresse. Wildkräuter finden Sie zudem oft an Wald- und Feldrändern und an Bachläufen.

Gibt es bei der Pflanzenbestimmung Risiken?

Muriel Wyss: Es ist wie bei den Pilzen: Sie sollten die Pflanzen gut kennen. Bärlauch zum Beispiel kann man mit giftigen Maiglöckchen verwechseln. Bei Unsicherheiten gehen Sie mit der gepflückten Pflanze gerne in eine Apotheke oder Drogerie und bitten Sie bei der Bestimmung um Hilfe. 

Darf ich alle Wildkräuter pflücken?

Muriel Wyss: Nein. Je nach Schutzstatus darf man einheimische Pflanzen gar nicht oder nur in bestimmten Mengen pflücken. Auch in Naturschutzgebieten gelten strenge Regeln. Schon deshalb ist es wichtig, sich das nötige Wissen anzueignen.

Wie kann ich gesammelte Pflanzen verarbeiten?

Muriel Wyss: Am einfachsten ist es, die Pflanzen an der Luft oder mit einem Dörrautomat zu trocknen und sie dann als Tee zu verwenden. Kräuter, Blätter und Blüten lässt man einige Minuten in heissem Wasser ziehen. Wurzeln und Rinden über Nacht in kaltem Wasser einlegen und danach als Tee aufkochen. Samen zerquetschen und danach aufkochen.

9 Schweizer Wildkräuter und ihre Wirkung

Yolanda Hug baut auf ihrem Bio-Bauernhof im Fricktal Kräuter an und verarbeitet sie zu Tee- und Kräutermischungen, Essigen oder Sirup. Sie hat für uns neun einheimische Wildpflanzen ausgewählt, die helfen, gut durch den Frühling – und andere Jahreszeiten – zu kommen. 

Baldrian

Die Wurzel des Baldrians sorgt für guten Schlaf und fördert die Konzentration. Baldrian wächst auf feuchten Wiesen. Sammelzeit: frühes Frühjahr oder später Herbst.

Engelwurz

Engelwurz wächst im Halbschatten im Wald und an Uferböschungen. Die Wirkstoffe in seiner Wurzel stärken das Nervensystem, sollten aber nicht während der Schwangerschaft verwendet werden. Sammelzeit: frühes Frühjahr oder später Herbst.

Gänseblümchen

Die Blüten und Blätter des Gänseblümchens – so sagt man – sind gut für die Psyche. Nicht umsonst ist das fast ganzjährig auf Wiesen blühende Gänseblümchen ein Symbol für die Mutterliebe.

Hopfen

Hopfen beruhigt, hilft gegen Angst und ist gut für den Magen. Wilder Hopfen wächst in Hecken, Gebüschen, Waldrändern und in Auenwäldern. Sammeln Sie die weiblichen Blütenstände dann, wenn gelbes, pulverförmiges Harz herausrieselt.

Johanniskraut

Johanniskraut hellt die Stimmung auf. Man findet es auf mageren Wiesen, an Wegrändern und in Steinbrüchen. Sammeln Sie es zur Blütezeit und verwenden Sie das ganze Kraut.

Lindenblüte

Nicht direkt ein Kraut, aber die wunderbar duftende Lindenblüte hilft bei Stress und beruhigt das vegetative Nervensystem. Linden sind oft in Parks, in Alleen oder an Waldrändern zu finden.

Mohn

Die Blütenblätter des Mohns fördern den Schlaf, beruhigen und wirken leicht schmerzstillend. Blühender Mohn ist im Sommer in Kornfeldern, an Wegrändern und auf steinigen Böden leicht zu entdecken.

Schafgarbe

Schafgarbe gleicht aus. Die Blätter und Blüten sollten zur Blütezeit gepflückt werden. Erfolgreich ist die Suche oft auf Wiesen, Äckern, in lichten Wäldern und an Wegrändern.

Veilchen

Von den Veilchen gibt es über 500 Arten. Ihre Blüten bringen uns Gelassenheit. Sie zeigen sich von März bis Mai auf Wiesen, in Gärten und Parks.

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Kräuterexpertin Yolanda Hug bietet Kurse wie Kräuterspaziergänge, Wildkräuterküche und Wiesenapotheke oder gemeinsame Herstellung von Naturkosmetik. 

6 Tipps zum Sammeln von Wildkräutern

  1. Wildpflanzen kennenzulernen braucht Geduld

    Machen Sie sich keinen Stress, denken Sie langfristig und bauen Sie Ihr Wissen Jahr für Jahr aus.

  2. Pflücken Sie Kräuter nur bei schönem Wetter

    Die gesammelten Pflanzen sollten möglichst trocken sein.

  3. Sammeln Sie zur richtigen Zeit

    Und zwar Kräuter mit ätherischen Ölen zu Beginn der Blüte und zeitlich kurz vor dem Mittag. Samen zur Mittagszeit. Wurzeln im Frühling und im Herbst am frühen Morgen.

  4. Betrachten Sie das Sammeln als Auszeit vom Alltag

    Geniessen Sie die Bewegung in der Natur und lachen Sie dabei. Auch das fördert die emotionale Balance.

  5. Bereiten Sie sich einen Nachttee zu

    Am besten mit Malve, Lavendel und Baldrian. Der Tee beruhigt am Abend und lässt Sie erholsam schlafen.

  6. Machen Sie ein Kräuterbad

    Zur Entspannung kommen ins Badewasser: 200 g Milchpulver, 200 g Meersalz und je ein Esslöffel getrocknete Lavendelblüte, Melisse und Hopfen

Pflanzenbestimmung per Smartphone

Verschiedene Smartphone-Apps wie Pl@ntNet oder Google Lens können das Bestimmungsbuch hilfreich ergänzen. Sie sind aber kein Ersatz für das eigene Pflanzenwissen und ein kritisches Auge: Apps können ähnlich aussehende Pflanzen verwechseln.

Pl@ntNet

Ein Projekt der französischen Agropolis Foundation. Die App funktioniert einfach und relativ zuverlässig: Man fotografiert Blätter, Blüte, Frucht oder Rinde und die künstliche Intelligenz schlägt mit Namen und Beispielbildern vor, um welche Pflanze es sich handeln könnte.

Beiträge zu alternativmedizinischen Medikamenten

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