Immer wenn Marcel und Sandra mit dem Auto um eine ganz bestimmte Kurve fahren, kommt es zum gleichen Dialog: «Hier hätte ich mal fast einen Fuchs überfahren.» - «Hast du dann aber nicht, oder?» - «Nein.» - «Hast du Glück gehabt.» - «Haben wir beide Glück gehabt.» Das geht nur schon seit fünf Jahren so. Ein Running Gag, den nur die beiden kennen: ein Ritual. Viele Paare – und auch Familien – pflegen individuelle Rituale wie dieses. Es sind Gewohnheiten, Geheimsprachen oder Routinen, bei denen eine höhere Bedeutungsebene mitschwebt: das Gefühl von Zugehörigkeit, von Gemeinschaft.

Gemeinsame Rituale sind eine Möglichkeit. Aber natürlich kann man auch allein Rituale pflegen - im Sinne einer liebevollen Selbstfürsorge. Zum Beispiel durch regelmässige Auszeiten vom hektischen Alltag zum Entspannen oder um Kraft zu tanken.

Kontinuität schweisst zusammen

Gerade Kinder lieben wiederkehrende Rituale. Das kann der stets gleiche Lieblingskuchen zum Geburtstag sein oder der sonntägliche Besuch beim Grosi. Ein strukturierter Alltag mit gepflegten Routinen gibt ihnen das Gefühl von Verlässlichkeit, Vertrauen und Sicherheit: Zum Beispiel wenn regelmässig alle am Tisch sitzen, zusammen essen und vom Tag erzählen. Umso besser, wenn man sich dabei schon auf das allabendliche Vorlesen freuen kann. Klar ist aber auch: Gute Rituale bleiben beweglich. Sie dürfen nicht langweilen oder einengen. Werden die Kinder zu Teenagern – braucht es oft neue Ideen.

Rituale entwickeln – alleine und gemeinsam

Rituale sollen achtsam und bewusst gepflegt werden. Entstehen tun sie manchmal ganz von selbst, oder man ruft sie aktiv ins Leben. Ein Patentrezept gibt es dazu nicht. Aber überlegen Sie doch einmal, was Ihnen guttut und planen Sie entsprechende Ich-Zeiten. Seien Sie dabei selbstbewusst und geben Sie Ihrem Ritual im täglichen Ressourcenkampf eine hohe Priorität.

Als Paar oder Familie könnten Sie am Sonntag gemeinsam überlegen: «Was war in dieser Woche so schön, dass wir daraus eine feste Gewohnheit machen wollen?» Oder Sie setzen sich zusammen und beschreiben der Reihe nach, wie sie sich ein ideales Wochenende vorstellen. Vielleicht heisst es dann: Samstags kochen die Kinder, während die Eltern spazieren gehen. Sonntags gibt’s einen Ausflug für alle, bei dem abwechselnd ein Familienmitglied das Ziel bestimmt. Probieren Sie den neuen Plan einfach ein paar Mal aus und schauen Sie, ob es passt.

Auch Freundeskreise können Rituale pflegen. Verabredungen zu festgelegten Zeiten funktionieren meist besser als die spontanen Treffen, die man sich immer wieder verspricht und dann doch nicht umsetzt.

Zur Inspiration: sechs konkrete Ritual-Ideen

  1. Fix plaudern mit der Mutter

    Haben Sie Ihre Mutter diese Woche schon wieder nicht angerufen und holen das jetzt noch rasch nach – gehetzt während dem Ausräumen des Geschirrspülers? Verabreden Sie sich doch besser zu einem fixen Telefontermin. Dazu trinken Sie beide ein Tässchen Tee und lehnen sich entspannt zurück.

  2. Ein paar Paar-Rituale

    Am besten rosarot in die Agenda eintragen: feste Daten, an denen Sie sich mit ganz viel «Weisst-du-noch?» selbst feiern. Im Restaurant, auf der Berghütte oder im stets gleichen Hotel. Vielleicht gestalten Sie abwechselnd einen Fotokalender, der gemeinsame Erlebnisse festhält – oder Sie schreiben sich zum Jahrestag einen Brief? 

  3. Liebevolle Selbstfürsorge

    Ein Sonntagabend allein? Wie herrlich. Planen Sie bei einem guten Tee gemütlich Ihre Woche. Tauchen Sie dann mit befreitem Geist eine Stunde ins Online-Yoga ab. Danach geht’s in die Wanne mit Snacks und einem Roman, der ruhig ein paar Wasserflecken verträgt. Zum Schluss schlafen Sie gemütlich beim Tatort ein.

  4. Väterspaziergang

    Zwei Väter, zwei Kinderwagen, zwei Kleinkinder, ein wöchentlicher Spaziergang: Wie schön, wenn man ein Gespräch jede Woche weiterspinnen kann, während man bei Sonne, Regen oder Schnee den Nachwuchs über Feldweg, Stock und Stein schiebt. Absagen kommt nicht in die Tüte … oder in die Wickeltasche. 

  5. Den Tag verabschieden

    Die Katze rauslassen, den Akkusauger vom Strom nehmen, die Haustür abschliessen, grob ein paar Dinge wegräumen, die Kleider fürs Schulkind rauslegen: Das mag nicht das spektakulärste Abendritual sein, aber Sie kommen zur Ruhe, schliessen mit dem Tag ab und erleichtern sich dabei schon den nächsten Morgen.

  6. Jeden Tag Mini-Ferien

    Wenn Sie es in den Ferien geniessen, die Nase in ein Buch oder an die frische Luft zu strecken, dann planen Sie doch täglich zwanzig Minuten Mini-Ferien ein. Mails, Geschirr und Familienmitglieder müssen warten. Extratipp: Wenn Sie fürs Abendessen Fisch gekauft haben, dann legen sie ihn neben sich – damit es riecht wie am Meer.

Was sind Ihre Lieblings-Rituale?

Welche Idee wollen Sie unbedingt ausprobieren und welche Rituale sind bei Ihnen schon fester Bestandteil des Alltags? 

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