Herr Dr. Nett, was genau ist dieses oft gehörte Bauchfett?

Der Begriff Bauchfett ist zweideutig – wir Mediziner reden deshalb lieber vom viszeralen Fett: Es befindet sich in der Bauchhöhle und umgibt unter anderem Leber, Darm, Bauchspeicheldrüse und Nieren. Etwas anderes ist das sogenannte subkutane Fett, das direkt unter der Haut liegt. Man findet es am ganzen Körper und natürlich auch am Bauch.

Als gefährlich gilt vor allem das viszerale Fett. Weshalb?

Je grösser die Menge an viszeralem Fett, desto ausgeprägter ist seine hormonelle Aktivität. Damit beeinflusst es verschiedene Organsysteme und kann ernsthafte Gesundheitsprobleme verursachen.

Was genau passiert dabei im Körper?

Viszerales Fett hemmt die Produktion des Hormons Adiponectin, das die Menge an Körperfett reguliert. In der Folge produziert der Körper mehr Fett als nötig. Das wiederum verursacht weitere Reaktionen: Entzündungen nehmen zu und der Körper reagiert nicht mehr wie gewohnt auf das selbst produzierte Insulin. Diese Phänomene werden als metabolisches Syndrom zusammengefasst. Sie sind als Vorläufer weiterer Krankheiten für mehr als ein Drittel aller Todesfälle verantwortlich.

Woran leiden oder erkranken Menschen mit zu viel viszeralem Fett?

Häufige Krankheitsbilder sind hoher Bluthochdruck, Schlafapnoe, Typ-2 Diabetes mellitus, Arteriosklerose oder Lebersteatose – bekannt als «Fettleber». Generell erhöht Übergewicht das Risiko für Tumore. So kann zum Beispiel auch Darmkrebs eine Folge von zu viel viszeralem Fett sein.

Kann man viszerales Fett von aussen erkennen?

Nicht direkt, aber das viszerale Fett verhält sich weitgehend proportional zum gesamten Körperfett. Vom Body Mass Index (BMI) lässt sich deshalb gut auf das viszerale Fett schliessen. Liegt er über 30 (kg/m2), reden wir von Übergewicht oder Adipositas mit erhöhten Gesundheitsrisiken durch viszerales Fett.

Eine Rolle spielt auch die Körperform. Männer mit einer stammbetonten Adipositas – oder «Apfeltyp» – neigen im Gegensatz zu Frauen mit dem typischen «Birnentyp» bei ähnlichem BMI zu mehr viszeralem Fett.

Körperformen: «Apfeltyp» und «Birnentyp»

Gibt es weitere Messmethoden?

Man kann ganz einfach den Bauchumfang messen. Frauen mit weniger als 80 Zentimetern und Männer mit weniger als 94 Zentimetern Bauchumfang müssen sich keine riesigen Sorgen über viszerales Fett machen.  Liegt der Wert aber darüber und ist auch der BMI erhöht, ist ein hohes Mass an viszeralem Fett sehr wahrscheinlich.

Frauen mit weniger als 80 Zentimetern und Männer mit weniger als 94 Zentimetern Bauchumfang müssen sich keine riesigen Sorgen über viszerales Fett machen.

Medizinisch haben wir noch genauere Möglichkeiten: Impedanzkörperanalysewaagen, die einen schwachen elektrischen Strom durch den Körper schicken und den Widerstand messen, oder bildgebende Verfahren wie die Computertomographie. Beide Methoden ermitteln das gesamte Körperfett, woraus sich die Menge des viszeralen Fetts berechnen lässt.

Wann ist eine medizinische Konsultation angezeigt?

Idealerweise reduzieren Betroffene das viszerale Fett durch eine nachhaltige und langfristige Änderung ihres Lebensstils. Bei starkem Übergewicht empfehle ich aber eine medizinisch begleitete Therapie zur Gewichtsreduktion. Immerhin ist Übergewicht neben dem Alter der grösste Risikofaktor für Krankheiten und hat einen grossen Einfluss auf Lebensqualität und Lebenserwartung. 

Welcher Lebensstil hilft gegen viszerales Fett?

Das sind die oft wiederholten Klassiker: eine gesunde Ernährung mit Früchten, Gemüse, Proteinen und Ballaststoffen, wenig Alkohol, dafür regelmässiger Sport inklusive Krafttraining

PD Dr. med. Philipp C. Nett ist Leitender Arzt Bariatrische Chirurgie am Bauchzentrum – Universitätsklinik für Viszerale Chirurgie und Medizin des Inselspitals Bern.

Bauchfett – So beugen Sie vor

Das beste Mittel gegen viszerles Fett ist, es gar nicht entstehen zu lassen. Fitnesstrainer Savo Hertig von unserem Gesundheitspartner savo.ch erklärt, wie Sie das schaffen. 

  1. Die Macht der Gewohnheit

    Vor dem Schlafen kurz zum Kühlschrank? Auf dem Weg zur Arbeit für den obligaten Latte Macchiato anhalten? Solche Gewohnheiten setzen Fett an. Wer sie nachhaltig ändert, ist vitaler, hat mehr Lebensfreude, strotzt vor Energie und verliert ganz automatisch Bauchfett.

  2. Abwechslung auf dem Teller

    Essen Sie ausgewogen. Kombinieren Sie bei Ihren Mahlzeiten lustvoll gesunde Kohlenhydrate, Eiweiss und etwas Fett. Eine gesunde Mahlzeit könnte zum Beispiel so aussehen: Basmatireis, Brokkoli, Poulet und dazu eine Handvoll Nüsse.

  3. Weniger vom ungesunden Zucker

    Es lohnt sich, im Alltag auf versteckten Zucker in Lebensmitteln und Süssgetränken zu achten. Denn der setzt schnell an, bringt den Blutzuckerspiegel durcheinander und führt so zu mehr Appetit. Schauen Sie einmal, wie viel raffinierten Zucker Ihre Lieblingsnahrungsmittel enthalten. 

  4. Ballaststoffe ins Essen

    Je mehr Ballaststoffe Sie zu sich nehmen, desto besser. Ballaststoffe sättigen nicht nur grossartig, sie sind auch sehr gesund und helfen dem Darm, die Nahrung gut zu verdauen.

  5. Wie man sich bettet …

    Bereiten Sie sich auf Ihren Schlaf vor und essen sie vier bis fünf Stunden vor dem Schlafen gut verdauliche Kost. So erholt sich Ihr Körper in der Nacht besser, baut mehr Fett ab oder setzt es gar nicht erst an.

  6. Ein kräftiger Körper

    Stärken Sie durch abwechslungsreiches Kraftausdauertraining den ganzen Körper. So bauen Sie Muskeln statt Fett auf. Organisieren Sie Ihr Krafttraining in Form eines Zirkeltrainings: Dabei absolvieren sie 3-4 Übungen am Stück mit jeweils 10 oder mehr Wiederholungen. Nach einer kurzen Pause wiederholen Sie den Zirkel drei- bis viermal.

  7. Bewegung, Bewegung

    Auch für Sportmuffel ist Ausdauertraining das beste Mittel gegen viszerales Fett. Die Intensität darf moderat sein, aber es lohnt sich, den Stoffwechsel mindestens 20 Minuten am Stück anzukurbeln. Zügiges Gehen, Walken oder Rennen hilft in Kombination mit funktionellem Krafttraining am effektivsten.

  8. Wasser als Basis

    Unser Körper besteht zu über 70 Prozent aus Wasser. Entsprechend viel Flüssigkeit benötigt er im Unterhalt. Trinken Sie zwei bis drei Liter Wasser am Tag, idealerweise ohne Kohlensäure. Wasser reguliert die Sättigung und hilft bei wichtigen Abbauprozessen – auch beim Abbau von Fett.

  9. Vorsicht vor Prozenten

    Alkohol bildet den Nährboden für Bauchfett, weil er den Fettstoffwechsel unterdrückt und erst noch viele Kalorien hat. Ausserdem macht er Lust auf fettiges, deftiges Essen. Deshalb: gelegentlich und massvoll okay, zu viel bitte nicht.