Manche Menschen kann man nur bewundern: Ob sie Haus und Hof, die grosse Liebe oder den Job verlieren, eines bleibt ihnen stets – ihr Lebensmut. Krisen, Stress und Frust setzen sie ihre seelische Widerstandskraft entgegen. Wenn sie fallen, stehen sie wieder auf, passen sich den neuen Umständen an und setzen ihren Weg fort. In der Psychologie spricht man von «Resilienz», wenn man es schafft, trotz belastender Erfahrungen psychisch gesund zu bleiben. «Resilienz bedeutet, Situationen achtsam und realistisch zu betrachten, Negatives zu akzeptieren und sich auf das Positive zu konzentrieren», sagt die psychologische Beraterin Marusca Klein. «Resiliente Menschen haben Selbstvertrauen und sind davon überzeugt, dass sie über ihr eigenes Schicksal bestimmen. Sie setzen sich Ziele und steuern diese optimistisch an.» 

Das Konzept der sieben Säulen 

Resilienz ist keine feststehende Charaktereigenschaft. Sie ist ein Prozess, bei dem es auf unsere Wahrnehmung ankommt: Lassen wir uns von einer Krise lähmen oder wachsen wir über uns selbst hinaus? Als Basis gelten in der psychologischen Forschung die Grundhaltungen und Verhaltensmuster dieser sieben Säulen: 

  1. Optimismus: Positive Erlebnisse stärker werten als negative, die kleinen Dinge im Leben schätzen und trotz Krisen mit Selbstvertrauen Ziele ansteuern. 
  2. Akzeptanz: Kraft sparen und sich nicht gegen Unvermeidliches stemmen, Situationen achtsam, versöhnlich und realistisch betrachten.
  3. Lösungsorientierung: Statt mit einer Situation zu hadern – Warum muss das ausgerechnet mir passieren? – eine Lösung entwickeln. 
  4. Opferrolle verlassen: Nicht im Selbstmitleid versinken, sondern reflektieren, wie man die Situation beeinflussen kann.
  5. Verantwortung übernehmen: Vom Denken ins Handeln kommen, Entscheidungen treffen und sich aktiv für die eigenen Ziele einsetzen. 
  6. Netzwerke aufbauen: Persönliche Kontakte pflegen, sich anderen anvertrauen und den Mut haben, um Hilfe zu bitten 
  7. Zukunft planen: In guten Zeiten überlegen, was auf einen zukommen könnte, die eigenen Ressourcen stärken und sich vorbereiten.
«Resilienz ist nicht angeboren, sondern erlernbar.»

Diese Grundlagen würden bereits in der Kindheit durch Wertschätzung und Ermutigung angelegt, sagt Marusca Klein. Aber jeder könne auch im Erwachsenenalter lernen, seine seelische Widerstandsfähigkeit zu stärken. Viele kleine Schritte tragen dazu bei, Denk- und Handlungsmuster positiv zu verändern. Die psychologische Beraterin vergleicht Resilienz mit einer Baumwurzel. «Zu der muss man Sorge tragen, damit sie kräftiger wird und dem Baum Halt gibt, wenn es stürmt.» Fangen wir also doch am besten gleich damit an, unsere eigenen Stärken zu entdecken, zu entwickeln und zu fördern. 

So stärken Sie Ihre psychische Widerstandskraft

Je mehr Strategien zur Bewältigung von alltäglichen oder grösseren Herausforderungen Sie regelmässig nutzen, desto gefestigter werden Sie sich in Zukunft Problemen stellen.

  1. Erfolgsmomente festhalten

    Trainieren Sie Ihr positives Denken. Schreiben Sie täglich drei positive Ereignisse auf, die Sie erlebt haben. Halten Sie vor allem Dinge fest, die Sie selbst bewirkt haben. 

  2. Sie können Krise

    Reflektieren Sie: Wie haben Sie bislang Krisen gemeistert? Können Sie dieses Verhalten bei einer neuen Herausforderung anwenden? Bauen Sie Selbstvertrauen auf, indem Sie sich Ihrer Fähigkeiten bewusstwerden und auf Erfolge zurückblicken. 

  3. Auszeiten nehmen

    Schalten Sie innerlich ein anderes Programm ein: Probieren Sie ein Kochrezept aus, hören Sie laut Musik, gehen Sie joggen oder rufen Sie jemanden an. Tanken Sie zur Lösung von Problemen frische Energie. 

  4. Gut für sich sorgen

    Genügend schlafen, ausgewogen essen, Bewegung und Entspannung: Sie wissen selbst, dass ein gesunder Lebensstil Körper und Psyche stärkt, oder? Auch Yoga, Meditation und Atemübungen tragen zur Resilienz bei.

  5. Entscheidungsmuskel trainieren

    Listen Sie auf, was Sie in nächster Zeit entscheiden wollen und arbeiten Sie täglich einen Punkt ab. Fangen Sie mit leichten Dingen an. Erst dann kommen anspruchsvollere Themen wie die die geplante berufliche Veränderung. 

  6. Stärkende Netzwerke pflegen

    Pflegen Sie aktiv Kontakte zu Ihrer Familie, zu Freundinnen und Kollegen, die Ihnen in schweren Zeiten zur Seite stehen. Melden Sie sich einmal am Tag bei einer Person, um ihr Lob oder Anerkennung auszusprechen.

  7. Eigenen Werten treu bleiben

    Was ist Ihnen wichtig im Beruf, im Privatleben? Schreiben Sie es auf. Wenn Veränderungen oder Entscheidungen anstehen, schauen Sie auf Ihre Werte, sie geben Ihnen Orientierung. Das macht Sie in Ihrem Handeln stärker und authentischer. 

  8. Raus aus der Komfortzone

    Häufig scheuen wir uns vor Neuem, weil wir fürchten zu versagen. Versuchen Sie spielerisch neugierig zu bleiben und immer wieder zu lernen. Nur wer Fehler macht, entwickelt sich weiter. In schwierigeren Zeiten können Sie von diesem flexiblen Verhalten profitieren. 

  9. Den inneren Dialog umdeuten

    Tragen Sie negative Glaubenssätze mit sich herum wie «Ich bin ungeschickt» oder «Mein Chef übersieht mich immer»? So schränken Sie Ihren Handlungsspielraum ein. Formulieren Sie diese positiv um: «Ich probiere neue Sachen aus» oder «Ich zeige, wie motiviert ich bin.»

Die diplomierte psychologische Beraterin  Marusca Klein führt in Zürich eine eigene Praxis.