Frau Klein, durch die Corona-Pandemie sind wir alle mehr ins Grübeln gekommen: Hatten Sie in den letzten Monaten mehr Anfragen als sonst?

Marusca Klein: Auf jeden Fall. Viele Menschen machen sich Sorgen um die Gesundheit oder haben Zukunftsängste. Zudem haben einige auch mehr Zeit, in sich hineinzuhören, Gedanken und Gefühlen Raum zu geben – und tappen dabei manchmal in die Grübelfalle.

Ab wann wird Grübelei bedenklich?

Marusca Klein: Es ist vollkommen in Ordnung, mal nicht gut drauf zu sein. Zweifel und traurige Gefühle gehören zum Menschsein dazu. Wer das akzeptiert, tut sich schon einen Gefallen. Wir können das Grübeln als Chance für Erkenntnisse sehen. Wenn die Gedanken aber stets um die gleichen Fragen kreisen, auf die ich keine Antwort weiss, dann fühle ich mich ohnmächtig. Bin ich nachts lange wach und grüble, kann ich mich tagsüber schlecht konzentrieren. Ich werde emotional instabil, weinerlich oder schnell gereizt. Dazu können Verspannungsschmerzen und körperliche Beschwerden kommen. Am besten lasse ich es nicht so weit kommen.

Es ist vollkommen in Ordnung, mal nicht gut drauf zu sein.

Wie stoppe ich das Gedankenkarussell?

Marusca Klein: Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Wenn ein Gedanke kommt, kann ich ihn wahrnehmen, ohne ihn zu bewerten. Ich kann ihn weiterziehen lassen wie eine Wolke, das ist eine typische Achtsamkeitsübung. Beim Grübeln richten wir unsere Aufmerksamkeit meist auf die Vergangenheit oder die Zukunft, nicht auf den aktuellen Moment. Durch die Konzentration auf den Körper kommen wir wieder ins Hier und Jetzt: zum Beispiel durch bewusstes Atmen oder einen Bodyscan, eine gedankliche Reise durch den Körper.

So löse ich doch keine Probleme?

Marusca Klein: Übungen wie diese tun aber ganz einfach gut. Vor allem in Situationen, die ich selbst nicht ändern kann. Da hilft es, loslassen zu lernen. Sich zu sagen: «Dann ist es halt so und ich akzeptiere es». Das reduziert den inneren Widerstand. Ich kann mich auch fragen, wie ich ein Problem wohl in einem Jahr beurteilen werde. Oder mir bewusst machen, dass es in anderen Lebensbereichen prima läuft.

Was kann ich sonst noch tun?

Marusca Klein: Wie wäre es, mal eine andere Perspektive einzunehmen? Was würde ich in dieser Situation zu meiner besten Freundin sagen? Ich wäre wahrscheinlich freundlich und mitfühlend – und so sollte ich auch mit mir selbst umgehen. Eine gute Idee ist es auch, die eigenen Gedanken aufzuschreiben. Dazu am besten gleich den ersten Schritt zur Lösung eines Problems: das Gespräch mit der Chefin suchen, einen Arzttermin abmachen, den Streit mit dem Vater klären. Und das dann auch tun. Aus dem Denken ins Handeln kommen: Das ist sicher der wirksamste Ausweg aus der Grübelfalle.

Raus aus der Grübelfalle: nützliche Tipps

  1. Stop!

    Wenn Sie merken, dass Sie ins Grübeln kommen, sagen Sie laut «Stop!» und begleiten dies mit einer kraftvollen Geste, einem Handzeichen oder Fussstampfen. Andere Variante: Setzen Sie sich ein Zeitlimit. Noch fünf Minuten darf ich grübeln, dann ist Schluss. Prüfen Sie danach bewusst, ob es hilfreich war. Fühlen Sie sich besser?

  2. Aufmerksamkeit umlenken

    Bevor Ihre Gedanken Sie am helllichten Tag sonst wohin katapultieren: Halten Sie inne. Was sehen, hören, riechen, schmecken oder fühlen Sie in diesem Moment? Beschreiben Sie für sich mit Ihren fünf Sinnen die Dinge, die Sie umgeben – und kommen Sie so zurück in die Gegenwart.

  3. Gedanken rauslassen

    Notieren Sie, was Sie beschäftigt, oder halten Sie es als Aufnahme im Smartphone fest. Teilen Sie Ihre Ängste und Sorgen ausserdem mit jemandem, anstatt destruktive Selbstgespräche zu führen. Schreiben Sie zum Beispiel einem Freund eine Nachricht. Wenden Sie sich frühzeitig auch an eine Fachperson, wenn Sie Hilfe brauchen.

  4. Ordnung schaffen

    Den Keller ausmisten, Kleider aussortieren, Fenster putzen: Wer aussen Ordnung schafft, räumt auch sein Inneres auf. Auch hier gilt es, Entscheidungen zu treffen, loszulassen und Dinge zu ändern: Vorgänge, die sich auf unsere Psyche übertragen lassen.

  5. Raus und sich bewegen

    Bewegen wir uns an der frischen Luft, regen wir die Produktion körpereigener «Glückshormone» an. Sie motivieren uns und machen uns zufriedener.

Marusca Klein Die diplomierte psychologische Beraterin führt in Zürich eine eigene Praxis.

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