Markus Ryffel, der Frauenlauf existiert seit über 30 Jahren – eine Absage gab es noch nie. Wie war das für Sie und Ihr Team, als klar wurde, dass der SFL nicht stattfinden kann?

Uns schossen sehr viele Gedanken durch den Kopf. Die Enttäuschung war natürlich gross – es ging uns allen ans Herz; den Mitarbeitenden, die den Schweizerischen Frauenlauf monatelang vorbereitet haben, aber auch den ganzen Helferinnen und Helfer. Zuerst wollten wir den Lauf auf Ende August verschieben. Als dann das endgültige Veranstaltungsverbot beschlossen wurde, mussten wir dies akzeptieren. Wir haben den Regierungsentscheid mit viel Vertrauen angenommen. Es geht um die Eindämmung der Corona-Pandemie, deshalb ist das der einzig richtige Weg – auch wenn es schmerzt. 

Was bedeutet der Verlust für Hobby- und Gelegenheitsläufer?

Die Schweiz ist eine Laufnation. Pro Jahr werden 600'000 Startnummer für Laufveranstaltungen gelöst. Deshalb sind die Absagen für die Running-Community schon deprimierend. 

Gleichzeitig muss ich sagen, dass ich noch nie eine ähnlich gute Bewegungsinitiative erlebt habe, wie in den letzten zwei Monaten. So viele alte Turnschuhe, die wieder zum Joggen ausgeführt werden, habe ich selten gesehen (lacht). Der Lockdown bewirkt, dass sich noch mehr Menschen in der Natur bewegen und Joggen gehen. Das Bedürfnis nach Bewegung und Glückshormonen kann nicht nur mit einem Zieleinlauf erreicht werden, sondern auch zum Beispiel bei einer Jogging-Runde am frühen Morgen bei einem Sonnenaufgang.

Oder eben auch mit einem virtuellen Lauf. Sie haben sich dafür entschieden, den Schweizerischen Frauenlauf in diesem Jahr virtuell durchzuführen. Wie sind Sie auf diese Idee gekommen? 

Damit möchten wir aufzeigen, dass die Läuferinnen am Tag des Frauenlaufes trotzdem ihre sportlichen und persönlichen Ziele verfolgen können. Wir wollten den Frauenlauf weiterleben lassen – einfach in einer anderen Form. Es rennen zwar alle alleine, aber doch irgendwie zusammen. Am 14. Juni starten alle gleichzeitig. Eine Läuferin vielleicht in Bümpliz, die andere in Chur und noch jemand anderes in Zürich. Alle erhalten über die Kopfhörer Hinweise, die aufzeigen, wo sie sich virtuell befinden. Zum Beispiel, dass sie in 500 Meter den Helvetiaplatz erreichen und es bald bergauf geht. Am Schluss gibt es eine Rangliste, so dass man sich aneinander messen kann. So soll trotzdem ein Gemeinschaftsgefühl entstehen.

Welche Vor- und Nachteile bietet der virtuelle Event? 

Ein Nachteil ist sicher, dass die Teilnehmerinnen kein Bad in der Menge nehmen können. Normalerweise sind die Läuferinnen umgeben von Familie und Freunden, die sie anfeuern und mitfiebern. Der ganze Tag ist ein einzigartiges Erlebnis mit einer grandiosen Stimmung und grossen Emotionen. Und trotzdem ist es eine Chance das Wettkampfgefühl mal anders zu erleben. Ein weiterer Vorteil ist auch, dass beim virtuellen Lauf vielleicht auch Frauen mitmachen, die sich bis jetzt nicht getraut haben vor einem grossen Publikum zu laufen oder Helferinnen, die sonst immer eingespannt waren.

Klar ist: der virtuelle Event kommt nie an den richtigen Schweizer Frauenlauf heran, und trotzdem ist es eine Chance am 14. Juni einen emotionalen Lauf zu absolvieren und sich noch mehr auf nächstes Jahr zu freuen. 

Sie sprechen das nächste Jahr an. Wie bereiten Sie sich nun auf den Frauenlauf 2021 vor?

Wir möchten wieder an den bisherigen Events anknüpfen. Am 13. Juni 2021 sollen die Läuferinnen wieder ein Bad in der Menge nehmen dürfen. Wir sehnen uns alle danach und nächstes Jahr soll das wieder möglich werden. Und wer weiss: Vielleicht nehmen nächstes Jahr noch viel mehr Frauen teil, die in der Zeit des Lockdowns das Laufen für sich entdeckt haben. Wir freuen uns jedenfalls sehr darauf. 

Markus Ryffel ist ehemaliger Schweizer Spitzenläufer und Inhaber der Firma Markus Ryffel’s Events GmbH. Er und sein Team organisieren nebst dem Schweizer Frauenlauf in Bern auch den Survivalrun Thun, den Greifenseelauf Uster oder den Santarun in Bern.

Virtueller Frauenlauf

Um am virtuellen Frauenlauf teilnehmen zu können, benötigen sie die App ViRace. Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite des Schweizer Frauenlaufs.